Lobbying Initiative stellt heimischen Glücksspielunternehmen Persilschein für Spielerschutz aus
Im Kampf um ein in der Öffentlichkeit gutes Image scheint jedes Mittel recht. Das Image des Spielerschutz ist in Mitleidenschaft gezogen. Dank den Aufdecker-Berichten des Vereins Spielerhilfe wird Spielerschutz in Österreich wieder hinterfragt. Die Leitbetriebe Austria, ein Unternehmen für Lobbying und Netzwerk großer österreichischer Betriebe, eilt nun zur Stelle und bescheinigt den Glücksspielunternehmen in diesen Belangen eine weiße Weste. Eine bereits angekündigte Stellungnahme der Leitbetriebe zu diesen Anschuldigungen wird wieder zurückgezogen.
Alles für guten Spielerschutz
Soziale Verantwortung, die in den Glücksspielunternehmen noch besser klingend Corporate Social Responibility genannt wird. Darin verpackt ist auch der Spielerschutz zu finden, denn die Unternehmen des Glücks wollen nur Kunden, die zum Vergnügen ihre Casinos besuchen. Echtes Entertainment eben. Spielsucht ist unerwünscht, soziale Verantwortung gegenüber Menschen die drohen in ein Suchtverhalten abzurutschen steht an erster Stelle, so sind sich die Unternehmen einig. Dabei würde ein regelmäßiger Blick in die eigenen Spielhallen und Casinos eines zeigen: Die Gäste, die täglich oder mehrmals wöchentlich ihre Lokalitäten aufsuchen, sind zu einem guten Teil spielsüchtig. Doch genau diese Kunden mit problematischem Spielverhalten liefern einen großen Teil des Umsatzes dieser Unternehmen.
Spielerhilfe deckt auf
Doch der als ausgezeichnet dargestellte Spielerschutz, ein Mechanismus der spielsüchtige und existenzbedrohte Personen vor den Gefahren des Glücksspiels schützen sollte und auch in einer schwachen Ausprägung im Glücksspielgesetz verankert ist, kommt immer mehr in Verruf. Der Verein Spielerhilfe, eine unabhängige Spielerschutz-Organisation, setzt sich in Österreich dafür ein, dass die Schutzmaßnahmen verbessert werden. Denn bisher sind die diese äußerst fragmentiert abgebildet, so die Meinung des Vereins. Es gibt bei den einzelnen Glücksspielanbietern Schutzmaßnahmen, die jedoch keinen betreiberübergreifenden Schutz bieten. Ein effektiver Schutzmechanismus fehlt also. Der Verein Spielerhilfe hat hierzu seine Position klar dargestellt: Position.
Bis heute gibt es keinen effektiv und lückenlos funktionierenden Spielerschutz in Österreich. Die Lobby der Glücksspielunternehmen ist so groß, dass eine mediale Aufklärung zu diesem Thema so gut wie nicht stattfindet. Die Kommunikation zusammen mit Leitbetriebe Austria ist ein weiterer Versuch, die tatsächliche Lage des Spielerschutz in Österreich zu verschleiern.
so Christoph Holubar, Sprecher des Vereins Spielerhilfe
Lobbying-Initiative Leitbetriebe Austria eilt zur Hilfe
Die Leitbetriebe Austria beschreiben ihr Angebot auf der eigenen Webseite wie folgt:
Unter dem Dach der gemeinsamen Marke begleitet Leitbetriebe Austria die Top-Unternehmen und unterstützt sie durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen. Den Leistungsträgern wird eine Plattform zur Präsentation und zum Austausch geboten.
Auf der Webseite des Unternehmens M&B PR, das für die Leitbetriebe Austria unter anderem die strategische Kommunikation umsetzt, wird man bei der Beschreibung der Leitbetriebe etwas deutlicher: Netzwerk und Lobbyingorganisation führender österreichischer Unternehmen.
Bereits vor wenigen Wochen berichtete der Verein Spielerhilfe über ein an die Casinos Austria ausgestelltes Zertifikat der Leitbetriebe Austria. Nun wird die Geschichte jedoch um eine Facette reicher, denn auch die Novomatic-Tochter Admiral und die Österreichischen Lotterien sind Teil der offensichtlich medialen Kampagne zur Verbesserung des Spielerschutz-Image in Österreich.
Leitbetriebe würdigen Spielerschutz bei Admiral, Casinos und Lotterien
Im Juni 2020 gab Novomatic-Tochter Admiral via Presseaussendung bekannt, dass sie von den Leitbetriebe Austria erneut als österreichischer Leitbetrieb ausgezeichnet wurden. Die Geschäftsführerin der Admiral, Dr. Monika Racek, gab dies auch auf dem Social-Media-Netzwerk LinkedIn bekannt. Die Geschäftsführerin der Leitbetriebe Austria, Mag. Monica Rintersbacher, gratulierte kurz darauf noch einmal persönlich über das soziale Netzwerk.
Auch die Casinos Austria Gruppe wirbt auf dem sozialen Netzwerk für ihre neu erhaltenen Zertifikate. Die Lotterien markieren #responsiblegaming (verantwortungsvolles Spielen, Spielerschutz, Anm.), die Casinos Austria selbst führen ebenso den Spielerschutz als Grund an, das Zertifikat erhalten zu haben.
Der Verein Spielerhilfe kritisiert die völlige Intransparenz der ausgestellten Zertifikate. Das Zertifikat betreibt ein klares Greenwashing für Spielerschutz, eine Begründung für die Verknüpfung zwischen Ausstellung von Zertifikat und Spielerschutz existiert nicht, so der Verein. Die Leitbetriebe waren auch nach mehrmaliger Nachfrage nicht bereit, Details über das Zertifizierungsverfahren bekannt zu geben. Eine echte Bewertung über Spielerschutz-Maßnahmen ist im Übrigen nur dann möglich, wenn exakte Einzelfälle von spielenden Kunden geprüft werden. Doch dies ist aufgrund der strengen Regelung des Datenschutz sowie Spielgeheimnis laut Glücksspielgesetz rechtlich gar nicht möglich.
Angekündigte Stellungnahme kommt nicht
Wir haben die Casinos Austria Gruppe und die Admiral um Stellungnahme gebeten, erhielten bis zur Veröffentlichung dieses Artikels jedoch keine Rückmeldung.
Von den Leitbetrieben wollten wir etwa wissen, ob Spielerschutz tatsächlich Teil des Zertifizierungs-Prozesses war, und nach welchen exakten Kriterien der Spielerschutz geprüft wurde. Weiters interessierten wir uns dafür, wer bei den Leitbetrieben über die entsprechende Ausbildung und Expertise im Bereich Spielerschutz verfügt. Die Leitbetriebe Austria teilten uns erst mit, dass sie im Laufe einer Woche Stellung dazu beziehen werden. Auf mehrfache schriftliche und letztlich telefonische Nachfrage hin teilte man uns mit, dass es keine Stellungnahme geben werde.