Spielerschutz-Verein Spielerhilfe sieht Maßnahmen zum Schutz von Spielern als äußerst mangelhaft

Der Verein Spielerhilfe schlägt Alarm. Die einzige in Österreich lizenzierte Online-Glücksspiel-Plattform win2day birgt ein großes Risiko für Spieler. Denn die dort zum Einsatz kommenden Spielerschutz-Maßnahmen werden zu einem großen Teil in die Verantwortung des einzelnen Spielers gelegt. Somit sieht der Verein den versprochenen Schutz bei weitem als nicht ausreichend gegeben an. Die Österreichischen Lotterien, die als Betreiber der Seite win2day im Hintergrund stehen, antworteten bisher nicht auf unsere diesbezüglichen Anfragen.

Weiters fordert die Spielerhilfe einmal mehr, die Stabsstelle für Spielerschutz im Finanzministerium, in eine unabhängige Einrichtung auszugliedern.

win2day als Krisengewinner

Laut Medienberichten hatte die Plattform win2day während des ersten Corona Lockdown massive Zuwächse bei den Kundenzahlen. Von teilweise bis zu 200% Zuwachs wurde berichtet. Der heimische Glücksspielbetreiber ist daher einer der wenigen Gewinner der Corona-Krise. Für den Verein Spielerhilfe ist seit Monaten sichtbar, dass sich das Glücksspiel von stationären Casinos und Automatensalons immer mehr in Richtung Online-Glücksspiel verlagert. Hauptgrund dafür sind die Corona-Lockdowns, welche besonders die spielsüchtigen Personen dazu bringen, eine Ausweichmöglichkeit für ihre Sucht zu finden.

Höchst bedenkliche Werbungen

Win2day präsentiert auf seiner eigenen Webseite eine verantwortungsvolle Werbestrategie als wichtiges Instrument im Bereich Spielerschutz. Die Aussage stimmt laut der Spielerhilfe nicht mit den vom Unternehmen geschalteten Werbungen zusammen. Der Anreiz zum Spielen wird mit Hilfe der Werbungen ständig befeuert. Das Anlocken von Neukunden mittels Gratis-Spielen, einem kostenlosen Lottotipp oder vielversprechenden Gewinnaussichten wird unter Experten als höchst bedenklich gesehen. Über dieses Thema berichtete der Verein Spielerhilfe bereits vor einiger Zeit ausführlich.

Win2day Werbung: Vor Freude weinen
win2day Werbung: Viele Glücksbringer warten
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Erkennung von problematischem Spielverhalten

Die österreichische Firma Neccton entwickelte eine Software zur Erkennung von problematischem Spielverhalten. Diese Software trägt den Namen Mentor und kommt auch beim Angebot von win2day zum Einsatz. Unter Experten wird dieser Erkennungs-Algorithmus geschätzt und für gut befunden. Auch die Österreichischen Lotterien werben mit dem Einsatz von Mentor als Schutzmaßnahme.

Das Programm Mentor unterstützt den spielenden Kunden und sendet ihm automatisch Nachrichten, wenn von ihm erkannt wird, dass sein Spielverhalten als problematisch beziehungsweise potenziell gefährdend eingestuft wird. Dabei handelt es sich beispielsweise um eine Spielweise in Form von äußerst langer Spieldauer, die deutlich über dem Durchschnitt von anderen spielenden Kunden liegt. Doch dabei gibt es bei win2day im wahrsten Sinne des Wortes einen kleinen Haken.

Spielerschutz-Maßnahme standardmäßig deaktiviert

Die Funktion Mentor ist in den Einstellungen des Kundenkontos zu finden. Interessant ist die Tatsache, dass diese Option von Haus aus deaktiviert ist. Damit der spielende Kunde Nachrichten und Hinweise als Warnung zu seinem möglicherweise problematischen Spielverhalten erhält, müsste er erst selbst diese Funktion aktivieren.

Der Spielerschutz der Software Mentor ist standardmäßig deaktiviert bei win2day

Einsatz- und Spieldauer-Limits

Als weitere Schutzmaßnahmen bietet die Plattform die Einstellung von Limits (Einzahlung, Spieldauer) sowie eine Selbstsperr-Möglichkeit. Einzahlungslimits sind nicht verpflichtend einzurichten, während das Setzen einer maximalen Tagesspieldauer notwendig ist. Doch auch hier wird der Spielerschutz vom Betreiber auf den Spieler abgewälzt. Selbstbeschränkungsmaßnahmen greifen jedoch bei bereits problematischen Spielern in den meisten Fällen nicht mehr. Und genau hier liegt das Problem.

Abgesehen von den Selbstlimitierungs-Optionen sollten die Österreichischen Lotterien auch selbständig Spielerschutz-Maßnahmen durchführen, was sie möglicherweise sogar tun. Doch wie der Verein in den letzten 12 Monaten seiner Tätigkeit bereits berichtete, nehmen die Österreichischen Lotterien diese Maßnahmen nicht immer ernst.

Warnung vor Nutzung von win2day

Aus diesem Grund spricht der Verein eine Warnung vor der Nutzung des Angebots von win2day aus. Die Spielerschutz-Maßnahmen sind aus Vereins-Sicht auf einem äußerst niedrigen Niveau angesiedelt und bieten für die betroffene Zielgruppe eindeutig zuwenig Schutz. Besonders in Zeiten von Corona und dem damit einhergehenden Zuwachs bei den spielenden Kunden müssen in diesem Fall daher alle Alarm-Glocken schrillen.

Win2day spricht von „Glücksspiel mit Verantwortung“

Auf der Unternehmens-Webseite von win2day sprechen die Betreiber von einem „pro aktiven Entgegenwirken“ gegen die möglichen problematischen Effekte der von ihnen angebotenen Produkte und ihren verbundenen Risiken. Sprich: Der Spielsucht. Der Verein Spielerhilfe sieht diese Aussage in völligem Widerspruch mit den tatsächlich angebotenen Schutzmaßnahmen sowie den laufenden Werbungen des Glücksspielunternehmens.

Öffentlich beschreibt die Unternehmensgruppe der Österreichischen Lotterien ihren eigenen Spielerschutz als europaweit streng, effektiv und „weit über den gesetzlichen Anforderungen hinaus“. Tatsächlich sind die gesetzlichen Anforderungen in Österreich aber auf einem sehr niedrigen Niveau angesiedelt. Und Maßnahmen, bei denen der spielende Kunde selbst Initiative ergreifen muss, haben nur wenig mit Moral, Verantwortungsbewusstsein sowie ernst gemeinten Schutzabsichten des Glücksspielbetreibers zu tun, so die Meinung der Spielerhilfe.

Als Beispiel: Dies ist so sinnvoll wie verglichen mit einem Gast, der bei dem Wirt seines Vertrauens bereits 10 Bier getrunken hat und der Wirt ihn dann erst bei der Bestellung vom 11. Bier fragt, ob er dieses wirklich noch trinken möchte.

Der Spielerschutz bei win2day basiert hauptsächlich auf einem Angebot, welches nur dann als Spielerschutz wirksam ist, wenn der spielende Kunde sich selbst schützt. Hier wird die Verantwortung der Schutzmaßnahmen zu einem guten Teil auf den Spieler abgewälzt, den es grundsätzlich zu schützen gilt. Spieler, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein problematisches Spielverhalten haben, sind durch die hochgradige Spielsucht ganz einfach nicht mehr in der Lage, sich selbst zu schützen.

so Christoph Holubar über die fragwürdigen Schutzmaßnahmen bei win2day, Sprecher des Vereins Spielerhilfe

Finanzministerium stellte win2day erst kürzlich „Persilschein“ aus

Das österreichische Finanzministerium stellte erst vor wenigen Monaten in der Beantwortung einer Anfrage des Vereins Spielerhilfe einen „Persilschein“ betreffend Spielerschutz bei win2day aus. Der Spielerschutz ist laut Ansicht des Ministeriums auf einem hohen Niveau.

Aus Sicht des Vereins ist diese Aussage entgegen vieler Expertenmeinungen und zeigt einmal mehr, dass die Stabsstelle für Spielerschutz im Finanzministerium am falschen Platz ist. Denn auch die höchst bedenklichen Werbungen sollten von selbiger Stelle unterbunden werden. Daher fordert die Spielerhilfe einmal mehr die Auslagerung dieser Stelle in eine unabhängige Einrichtung.

Den Betreiber der Plattform win2day, die Österreichischen Lotterien, haben wir mit diesem Thema konfrontiert. Bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels lag uns keine Stellungnahme vor.

Foto Titelbild: iStock.com/Farknot_Architect, Fotomontage

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