Casino-Selbstsperre in Tschechien. Freitag Nachmittag. Das Telefon der Spielerhilfe läutet. Ein Hilfesuchender meldet sich, der verzweifelt ist. Er und seine Lebensgefährtin versuchen sich seit Monaten bei verschiedenen tschechischen Casinos zu sperren. Doch es klappt einfach nicht. Die Spielerhilfe geht dem nach, macht den Selbsttest – und scheitert. Wie schwer kann eine Selbstsperre eigentlich sein?

Hinweis: Wenn du dich für das Glücksspiel in Tschechien sperren lassen möchtest: Wir haben eine Anleitung erstellt, wie du diese Sperre aktivieren kannst.

Anleitung

Das Fake-Sperrformular

Immer wieder hören wir von Betroffenen, dass sie sich mehrfach in Tschechien gesperrt haben – und dennoch die Sperre jedes mal sofort wieder aufgehoben wurde. Der Trick der Betreiber ist dabei relativ einfach. Die in Österreich bekannte Selbstsperre existiert im tschechischen Gesetz nicht. Bei einem Wunsch der Selbstsperre wird den Gästen ein hauseigenes Fake-Sperrformular vorgelegt, welches rechtlich aber ungültig ist. Kommt der Gast das nächste mal dort hin und will wieder spielen, verschwindet das zuvor unterzeichnete Formular im Mülleimer. Das Spiel geht unaufhaltsam weiter.

Sprachprobleme beim tschechischen Finanzministerium

Im Jahr 2021 ändert sich ein Gesetz. Es gibt nun die Möglichkeit, sich in einer landesweiten Sperrdatenbank hinterlegen zu lassen. Diese Datenbank wird vom tschechischen Finanzministerium betrieben. Befindet sich eine Person in dieser Datenbank, darf landesweit kein einziges Casino diesem Gast mehr Zutritt gewähren. Beim Betreten des Casinos muss zwingend ein Abgleich mit dieser Sperrdatenbank vorgenommen werden. Mindestens 1 Jahr soll diese Selbstsperre halten, eine vorzeitige Aufhebung ist nicht möglich. Die Aufhebung muss außerdem ebenso kompliziert beantragt werden, wie die Sperre selbst.

Personen können sich seitdem direkt online beim tschechischen Finanzministerium in die Sperrdatenbank selbst eintragen. Doch an ausländische Spieler hat das Finanzministerium offenbar nicht gedacht. Denn die Seite ist ausschließlich auf tschechisch verfügbar. Eine Sprachauswahl sucht man vergebens. Die Spielerhilfe wollte mit Hilfe von Webseiten-Übersetzungs-Programmen und einem Hilfe-Video eine Anleitung für Betroffene zusammenstellen. Doch sie scheiterte dabei. Ohne tschechische Sprachkenntnisse ist eine Eintragung unmöglich.

Das Casino und der fehlende Wille zu helfen

Die tschechischen Casinos selbst haben offensichtlich ebenso wenig Interesse daran, dass sich ihre Gäste in diese Datenbank eintragen lassen. Klar, denn dann bringen diese auch kein Geld mehr. Spielerschutz oder Moral ist weitgehend kein Thema. Das Geld steht im Mittelpunkt. Dass die Casinos einen Großteil mit Spielsüchtigen verdienen, ist der Branche selbstverständlich bekannt.

Die Grenz-Casinos entlang der österreichischen Grenze, die ihr Geschäft beinahe ausschließlich mit österreichischen Kunden machen, stellen sich unwissend. Dem spielsüchtigen Gast, der sich einfach nur sperren möchte, wird die Eintragung möglichst schwer gemacht. Die Spielerhilfe machte den Selbsttest und besuchte das American Chance in Dolni Dvoriste Nähe Wullowitz.

Selbstversuch einer Casino-Selbstsperre in Tschechien

Es ist Samstag, der 22. Jänner 2022. Die Spielerhilfe macht den Selbstversuch.

Ich fahre zum American Chance in Dolni Dvoriste neben Wullowitz. Das Casino bewirbt auf seiner Webseite, dass es im Casino deutsche Formulare für die Eintragung in die tschechische Sperrdatenbank geben soll. An der Rezeption erhalte ich sie, so die Seite von American Chance.

American Chance Wullowitz Dolni Dvoriste
Der Selbstversuch einer Totalsperre scheiterte. Der Spieler bleibt auf sich alleine gestellt. Foto: Spielerhilfe

Also betrete ich um zirka 18 Uhr das Casino. Vor mir bildete sich bereits eine Schlange von Gästen, die einchecken möchten. Als ich nach einiger Wartezeit an der Reihe bin sagte ich, dass ich mich gerne in die Sperrdatenbank für ganz Tschechien eintragen möchte. Die Mitarbeiterin versteht mich nicht, also erkläre ich mehrfach: „Sperren. Datenbank. Tschechien. Finanzministerium.“. Die Mitarbeiterin nickt und gibt mir ein Anmeldeformular, damit ich mich als Gast registrieren kann.

„Hier ist es ja drauf. Sie können sich Limits einstellen.“, so die American Chance Mitarbeiterin

Doch neu anmelden möchte ich mich eben nicht. Auch keine Limits setzen. Sondern komplett sperren. Die Mitarbeiterin steht auf und verschwindet in der Garderobe hinter der Rezeption. Sie kommt mit einer Mappe zurück und gibt mir einen Zettel mit deutscher Erklärung. Doch dies entspricht exakt dem Text der Webseite von American Chance. Als mir nun allmählich die Geduld ausgeht, sage ich ihr: „Bitte rufen Sie doch einen Manager“. Das tut sie dann auch, jedoch bereits sichtlich genervt.

American Chance Sperre
Immerhin gibt es eine Anleitung. Doch: Wer kein tschechisch spricht, wird auch mit dieser deutschen Anleitung sein Ziel nicht erreichen. Foto: Spielerhilfe

Kurz darauf kommt eine Managerin und fragt höflich, wie sie helfen kann. Ich erkläre ihr, dass ich mich in die tschechische Sperrdatenbank des Finanzministeriums eintragen möchte.

„Sind Sie sich sicher, dass Sie das machen möchten?“, fragt die Managerin

Ich bejahte ihre Frage. Fügte dann hinzu, dass von einem deutschen Formular die Rede ist, welches ich angeblich hier erhalten soll. Die Managerin sagt daraufhin, sie müsse es im Büro holen. Ich warte ein paar Minuten. Sie kommt zurück mit einem sehr schwer leserlichen Ausdruck, einer ausgedruckten Webseite des tschechischen Finanzministeriums.

American Chance Sperre Übersetzung
Schwer leserlich und wohl vom Finanzministerium nicht anerkannt: Ein übersetztes Formular für die Sperre. Foto: Spielerhilfe

„Wie funktioniert das jetzt mit der Selbstsperre? Muss ich dieses Formular ausfüllen, und was dann?“

Sichtlich bemüht, aber unwissend, überlegt sie gemeinsam mit mir, und antwortet: „Ja, das füllen sie aus und senden Sie dann per E-Mail an diese Adresse“, und deutet dabei auf den Zettel mit der Anleitung. „Muss ich denn einen Ausweis dazu beilegen?“, frage ich sie. „Nein, ich glaube nicht“, sagt die Dame zu mir. Ich werde also das Gefühl nicht los, dass sie mir entweder nicht helfen möchte, oder es einfach selbst nicht besser weiß.

Ich bekam diese zwei Zettel in die Hand gedrückt und bin nun also auf mich alleine gestellt, dieses Experiment zu Ende zu bringen. Dass es auf diese Weise funktioniert, bezweifle ich bisher sehr stark. Weiterführende Unterstützung wurde mir nicht angeboten. Das Casino hätte sich ja ein paar Minuten Zeit nehmen können, gemeinsam mit mir die Sperre zu machen. Doch dies würde wohl zu viel Zeit in Anspruch nehmen – für einen Gast, der ohnehin kein Geld mehr bringen wird.

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