Eine zentrale Sperrdatenbank für Spielsüchtige. Eine Vorrichtung, die schon lange von der Spielerhilfe gefordert wird. Dann das: Die Fair Games GmbH aus Kärnten, die Spielsalons mit der Marke „Wettpunkt“ betreibt, behauptet an einem freiwilligen Sperrverbund teilzunehmen. Umfangreiche Recherchen finden statt. Gibt es diesen Sperrverbund wirklich? Niemand der Befragten weiß davon Bescheid.

Sperrverbund als Spielerschutz-Maßnahme

Bei einem Sperrverbund handelt es sich um eine Art zentrale Datenbank, in der sich Menschen eintragen lassen können, um sich so effizient vor den Gefahren von Glücksspiel und der möglicherweise eigenen Spielsucht schützen zu können. Bislang funktionieren Selbstsperren beim Glücksspiel so, dass der Kunde beim jeweiligen Betreiber eine Sperre setzen kann, die aber auch nur dort gilt. Das Problem dabei: Nach einer impulshaft gesetzten Sperre weichen Kunden kurz darauf zu anderen Glücksspielanbietern aus, wo die zuvor aktivierte Sperre weder bekannt noch aktiv ist. Das Spiel kann weiter gehen.

Ein effizienter Schutz wäre dann vorhanden, wenn eine Sperre, die bei einem einzelnen Betreiber gesetzt wird, auch übergreifend bei allen Anbietern gilt. In Deutschland gibt es eine solche Lösung, die unter dem Namen Oasis bekannt ist. Doch auch in anderen europäischen Ländern, darunter Schweiz oder Liechtenstein, gibt es mittlerweile zentrale Sperrdatenbanken. Bislang gibt es in Österreich keine adäquate Lösung. Im Glücksspielgesetz ist die Errichtung einer solchen zentralen Sperrdatenbank seit 2010 vorgesehen. Bis heute finden angeblich laufend Evaluierungen und Prüfungen diesbezüglich statt, wie erst kürzlich aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des Finanzministeriums hervorgeht. Der Gesetzgeber hat mittlerweile 13 Jahre verstreichen lassen. Bis heute brachten Finanzministerium und Gesundheitsministerium keine funktionierende Lösung, obwohl sie im Gesetz vorgesehen ist. Der Verein Spielerhilfe fordert die Einrichtung einer zentralen Sperrdatenbank seit Gründung des Vereins im Jahr 2019.

Bonitätsprüfungen der Fair Games bei Personen, die zuvor bei PG Enterprise oder Amatic Entertainment zu Gast waren. Erst durch die mysteriösen Abfragen wurde man auf die Datenschutz-Thematik und in weiterer Folge auf den angeblichen Sperrverbund aufmerksam.

Fair Games behauptet Existenz eines freiwilligen Sperrverbunds

Derzeit gibt es in Österreich insgesamt 8 Konzessionäre, also 8 verschiedene Firmen die Glücksspiel legal anbieten dürfen. Einer von ihnen ist die Fair Games GmbH in Kärnten. Das Unternehmen betreibt mit der Marke Wettpunkt laut Webseite aktuell 6 Automatensalons in Kärnten. Wie bereits berichtet wurde, kam es nach Mystery Shopping-Erhebungen der Spielerhilfe zu fragwürdigen Bonitätsabfragen durch die Firma Fair Games, obwohl die betreffenden Kontrolleure zuvor nie dort zu Gast waren. Auf Anfrage teilte man einem Betroffenen mit, dass man die personenbezogenen Daten deshalb erhielt, weil Fair Games Teil eines freiwilligen Sperrverbundes ist. Diese Information war interessant, denn: Von dieser Existenz wusste die Spielerhilfe bisher nichts.

Also startete man die Recherche und versuchte herauszufinden, wer an diesem Sperrverbund teilnimmt. Von Behörden vernahm man, dass die Bundeskonzessionäre (Österr. Lotterien, Casinos Austria) „sicher nicht“ Teil davon sind, was auch an rechtlichen Rahmenbedingungen liegen soll. Bei den restlichen Betreibern fragte die Spielerhilfe an. Überraschend waren die Antworten auf die übermittelten Fragen. Der Vorstand der Admiral Casinos & Entertainment, Dr. Monica Racek, teilt auf Anfrage mit: „Die ADMIRAL Casinos & Entertainment AG (kurz: ACE) stand dem Thema „anbieterübergreifender freiwilliger Sperrverbund“ stets positiv gegenüber und hat bereits vor Jahren eine diesbezügliche Initiative gestartet. Leider waren unsere Bemühungen bis dato nicht erfolgreich.“ und führte weiter aus: „Daher bekommen wir von AMATIC auch keine Daten. Uns ist auch nicht bekannt, dass ein anbieterübergreifender Sperrverbund ohne ACE existiert.“

Wer ist Teil des behaupteten Sperrverbundes?

Das Ergebnis der Spielerhilfe-Recherchen: Weder Admiral, noch die PA Entertainment & Automaten AG (Marke: Joker´s), oder Excellent Entertainment AG und auch nicht die Bundeskonzessionäre Lotterien oder Casinos Austria, sind Teil von einem möglicherweise existierenden Sperrverbund. Diese Informationen erhielt man entweder direkt, oder über Auskunft bei Behörden. Bei Landes- und gleichzeitig Aufsichtsbehörden, die für den Verein erreichbar waren, zeigte man sich ebenso unwissend: Über die konkrete Existenz eines freiwilligen Sperrverbundes wusste niemand Bescheid.

In den Anmeldeformularen der Betreiber Amatic Entertainment (Marke: MySino und Play & Win) und PG Enterprise AG (Marke: Panther Gaming) findet sich ein Hinweis: Der Kunde stimmt zu, dass seine personenbezogenen Daten im Rahmen eines Sperrverbundes an andere Konzessionäre übermittelt werden dürfen. Nachdem die meisten Anbieter für die Teilnahme am Sperrverbund bereits ausgeschieden sind, bleiben letztlich noch 3 Namen auf der Liste für die Recherche übrig: Fair Games GmbH, Amatic Entertainment AG, PG Enterprise AG.

Die zuvor entdeckten Bonitätsabfragen durch die Fair Games GmbH waren bei Kunden ausgelöst worden, die bei Amatic Entertaiment oder PG Enterprise zu Gast waren, jedoch nie bei der Fair Games selbst. Das bedeutet konkret: Eine Datenweitergabe von Seiten dieser beiden Firmen an die Fair Games gilt als nachgewiesen.

Unternehmen nicht auskunftswillig

Die Spielerhilfe konfrontierte die 3 Unternehmen mit einigen Fragen zur behaupteten Sperrdatenbank: Seit wann existiert diese? Wer nimmt aller daran Teil? Wer ist datenschutzrechtlich dafür verantwortlich? Wie ist die Datenbank technisch umgesetzt worden? Das nur als Auszug des übermittelten Fragenkatalogs. Amatic Entertainment und PG Enterprise reagierten auf keine der Anfragen. Die Fair Games teilte mit, dass man keine Antworten geben könne, da es sich um Betriebsinterna handelt. Das ist eigenartig, denn die Existenz einer solchen Datenbank wäre ja äußerst positiv zu werten. Niemand will die Fragen der Spielerhilfe beantworten. Wie aus Beantwortungen parlamentarischer Anfragen hervorgeht, weiß nicht einmal das Finanz- oder Gesundheitsministerium von der Existenz solcher Sperrdatenbanken.

Nachdem von keiner Seite eine Information einholbar war, machte man sich an die Aufarbeitung der Datenschutzerklärungen. Schließlich hoffte die Spielerhilfe, hier entscheidende Informationen herauslesen zu können. Seit der gesetzlichen Veränderung im Bereich Datenschutz im Jahr 2018 gilt es, sich an strenge Auflagen zu halten. Dann folgt die nächste Überraschung: Die Datenschutzerklärungen aller 3 Unternehmen sind rechtlich gesehen unvollständig, rechtswidrig oder nichtssagend. Deshalb brachte die Spielerhilfe mittlerweile eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein. Für den Betrieb des behaupteten Sperrverbundes wäre das Schließen von Auftragsverarbeitungsvereinbarungen zwischen dieser Unternehmen zwingend notwendig, das müsste auch in den Datenschutzbestimmungen ausgewiesen werden. Von einer solchen Vereinbarung fehlt jedoch jede Spur.

Behauptete Sperrdatenbank nur ein Märchen?

Nach all den erfolgten Recherchen und Untersuchungen zu dem Thema stellt sich vor allem eine Frage: Gibt es die behauptete Sperrdatenbank zwischen diesen drei Unternehmen wirklich, oder wollte man nur einen Vorwand schaffen, für eine aufgeflogene Datenweitergabe innerhalb dieser Unternehmen? Diese Frage müssen sich die Firmen gefallen lassen, denn sie sind direkt oder indirekt miteinander verflochten: Die PG Enterprise AG ist die Muttergesellschaft der Amatic Entertainment AG. Hier gibt es also eine wirtschaftliche Verflechtung. Der Geschäftsführer der Fair Games GmbH – Siegfried Smetanig – hat wiederum eine Aufsichtsratsfunktion bei der PG Enterprise. Eine personelle Verflechtung also.

Eigenartig ist auch, dass sich Fair Games auf Betriebsinterna beruft. Dabei dürfte es aus datenschutzrechtlicher Sicht kein Geheimnis darstellen, wer der Verantwortliche für den Betrieb dieser Datenbank ist. Um Interna handelt es sich dabei jedenfalls nicht. Auf eine weitere Anfrage diesbezüglich an alle drei Unternehmen erhielt die Spielerhilfe bis Redaktionsschluss keine Antwort. Entweder wurden die Daten ohne ausreichender datenschutzrechtlicher Grundlage innerhalb der Unternehmen weitergereicht, oder ein möglicherweise für alle der Unternehmen tätiger Mitarbeiter, der für die Bonitätsabfragen verantwortlich ist, hat schlicht über den Login der falschen Firma Bonitätsauskünfte eingeholt. So oder so: In jedem Fall wurden Daten ausgetauscht oder vermischt. Die Datenschutz-Grundlage ist von allen drei Unternehmen völlig unzureichend umgesetzt worden. Aufgrund der vorliegenden Fakten geht die Spielerhilfe mittlerweile davon aus, dass der von Fair Games behauptete „Freiwillige Sperrverbund“ in der Praxis gar nicht existiert.

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