Glücksspiel suggeriert eine reale Chance für Glück, Zufall und Gewinne. Beim gefährlichsten aller Glücksspiele mit dem höchsten Suchtpotenzial, den Automaten, greift die Glücksspielindustrie zu perfiden Mitteln und setzt auf suchtfördernde Programmierungen.

Einmal das Glück ausprobieren im Casino oder Automatensalon? Diese Idee wurde für viele Menschen bereits zum verhängnisvollen Abenteuer. So gut wie alle Spielsüchtigen berichten später von einem oder mehreren großen Gewinnen zu Beginn ihres Spielens. Das Glücksgefühl des “schnellen Geldes” motivierte in weiterer Folge zum erneuten Spielen. Doch rasch wendete sich das Blatt und die Spieler verloren grosse Summen und rutschten schnell und tief ins Minus. Die Spielsucht ist schneller entfacht, als Manche denken. Spieler beschreiben dies als Moment, ab dem sie einfach “kein Glück mehr hatten”.

Gefährliches Spiel an den Glücksspielautomaten

Was die Wenigsten wissen: das Glücksspiel an den Automaten wird in Österreich legal gesteuert. Offiziell ist von einer Schwankungsbreite bei einzelnen Spielen die Rede, die interessanterweise sogar im Gesetz erlaubt ist. Innerhalb von 12 Monaten, am Ende des Jahres, müssen sich die einzelnen Spiele laut österreichischem Glücksspielgesetz innerhalb der zulässigen Schwankungsbreite befinden. Diese gesetzliche Regelung ist offensichtlich ein willkommenes Schlupfloch für die Betreiber, die mit dieser Vorkehrung und Einstellungsänderungen ihren Profit optimieren können.

Üblicherweise wird zu Monatsbeginn weniger an den Automaten ausbezahlt, als zu Mitte und Ende des Monats. Wenn die Gehälter und Löhne bei den Menschen eintreffen, sind die Automaten hungriger als sonst. Nicht nur im stationären Casino. Auch die Online-Betreiber agieren hier nach dem selben Schema. Diese Methodik zieht sich wie ein roter Faden durch die Branche, so die Spielerhilfe.

“Am Anfang lassen wir die Leute gewinnen”

Ein prägendes Gespräch fand zwischen einem Vertreter der Spielerhilfe und eines großen und bekannten Automatenherstellers statt.

Die gefallene Aussage ist hängen geblieben und war für die Spielerhilfe Motivation genug, für dieses Thema eine große Recherche zu starten:

“Zu Beginn versuchen wir neue Kunden ins Casino zu bekommen. Am Anfang lassen wir die Leute gewinnen. Das Geld sollen sie haben, das ist mir völlig egal. Wenn die Spielsucht einsetzt – was sehr schnell geht – gewinnen sie auch noch, aber nicht mehr so intensiv. Und dann, am Ende, lassen wir sie gar nicht mehr gewinnen. Machen wir uns nichts vor, so läuft unser Geschäft”.

Argumentation “Zufallsgenerator”

Skeptische Kunden, die irgendwann im Laufe ihrer Sucht das Gefühl bekommen, es wird bei der Auszahlung getrickst, werden vom anwesenden Personal vielfach beruhigt, dass ausschließlich der integrierte Zufallsgenerator und somit der Zufall über Gewinn und Verlust entscheiden. Das Unternehmen und deren Mitarbeiter können keinerlei Einfluss darauf nehmen, wird versichert.

Ein Branchen-Insider spricht hingegen gegenüber der Spielerhilfe von einer sogenannten “Fenster-Technik”:

“Steht das Fenster ganz weit offen, darf der Zufallsgenerator frei arbeiten und Gewinnbilder zusammenbauen. Steht das Fenster aber nur zu einem Spalt offen, ist der Generator in seinen Möglichkeiten eingeschränkt und kann sich nur soweit bewegen, wie es ihm erlaubt ist.”

Der Zufallsgenerator wird also von einem System gesteuert und erhält die Information, was er tun darf. Von freiem Zufall und Glück kann also keine Rede sein.

Vielmehr wird daher der Verdacht laut, dass es sich beim Automaten Glücksspiel um ein vollständig kontrolliertes Spiel inklusive personalisierter Gewinnausschüttung an einzelne (besonders neue) Spieler handeln könnte.

Profit-Maximierung

Der Trick mit dem Bundesrechenzentrum

Die Casinos Austria sowie Admiral gaben in Anfragebeantwortungen gegenüber der Spielerhilfe und ZackZack bekannt, dass “alle gesetzlichen Auflagen eingehalten und außerdem alle zertifizierten Geräte verpflichtend Daten an das Bundesrechenzentrum übertragen und somit einer strengen behördlichen Überprüfung unterliegen”, daher eine Manipulation auffallen würde.

Ein Branchen-Insider bestätigte in einem persönlichen Gespräch gegenüber der Spielerhilfe, dass eine Steuerung der Automaten notwendig sei, da “sich in Studien herausgestellt habe, dass ein Zufallsgenerator ansonsten über eine lange Serie von Spielen zu viele Gewinne ausschütten würde und so das Casino ins Minus rutschen könnte”.

Ein Artikel der englischen UK Gambling Commission verdeutlicht, dass die Anbindung an das Bundesrechenzentrum kein Garant dafür ist, dass alles geprüft werden kann. Auffällige Abweichungen bei den Auszahlungen würden frühestens nach mehreren Hunderttausenden Spielen auffallen, wie die Glücksspiel-Kommission auf ihrer Webseite rechnerisch darstellt.

Kein Mensch kommt spielsüchtig zur Welt. Spielsucht wird nicht selten durch große Gewinne ausgelöst. Eine entsprechende Programmierung der zur Anwendung kommenden Software könnte ein möglicher Grund dafür sein, dass neu registrierte Menschen überraschend gewinnen. Aus Sicht der Spielerhilfe produzieren Glücksspielunternehmen die Spielsucht mit aller Kraft künstlich und sprechen später von sozialer Verantwortung, da sie vermeintlich Spielerschutz betreiben. Doch dieser ist weitgehend zahnlos, wie vom Spielerschutz-Verein bereits mehrfach belegt wurde.

“So läuft unser Geschäft nun mal”

Dieser Satz fiel von einem bestens informierten Branchen-Insider, mit dem sich die Spielerhilfe traf. Alle gebrachten Argumente (Zufallsgenerator, Bundesrechenzentrum) konnten durch das vorhandene Wissen der Spielerhilfe entkräftet werden. Entnervt sagte die Person dann “so läuft unser Geschäft nun mal”, und fügte dann hinzu: “Dann müssen Sie das Glücksspielgesetz neu schreiben”.

Casinos Austria sind „ja kein Caféhaus“

2019 kontaktierte ein Prokurist der Casinos Austria einen der Obmänner der Spielerhilfe. Es ging um den Vorwurf der Automaten-Manipulation. Der Prokurist habe intern zwei Wochen lang versucht herauszufinden, ob an diesen Vorwürfen „etwas dran ist“.

„Die Automaten, die wir kaufen, haben Programme die international zertifiziert sind, die auch nicht beeinflussbar sind durch die Aufsteller. Wir sind ja kein Caféhaus, wo irgendwo 2 Automaten stehen, die man von der Schank aus fernbedienen kann. Sondern das ist ja eine andere Liga von Automaten.

Sowohl bei den Casinos Austria, als auch bei winwin. Es gibt nicht die geringsten Hinweise darauf […]“

So der Prokurist laut vorliegendem Gesprächsprotokoll. Dass die Casinos Austria sowie die Tochtergesellschaft winwin ihre Glücksspielautomaten steuern, wurde bereits von der Spielerhilfe belegt.

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Täuschung am Gast

Die Steuerung der Glücksspielautomaten und der Eingriff in Glück und Zufall könnte nun gefährliche Folgen für die Branche haben. In einer eingereichten Klage gegen die Casinos Austria ist dieser Punkt ein wichtiges Thema. Konkret geht es um die Verschleierung und Täuschung am spielenden Gast (“wir können nichts steuern, ausschließlich der Zufall entscheidet”).

Dazu werden etliche Zeugen vor Gericht erscheinen. Es wird ein spannender Kampf. Sollte hier vor Gericht etwas hängen bleiben, könnte dies weitreichende Auswirkungen für die gesamte Branche haben. Die Täuschung könnte zur Folge haben, dass die abgeschlossenen Spielverträge nichtig werden und so die Anbieter künftig auf dieser Grundlage verpflichtet sein könnten, Verluste an ihre Kunden zurückbezahlen zu müssen.

Rechtlicher Hinweis: Die Casinos Austria antworteten bis heute auf keine der übermittelten Medienanfragen bzw. gaben zu den obenstehenden Themen keine Stellungnahme ab.

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