Es ist es geschafft und wir lassen ein weiteres Jahr voller Korruption hinter uns. Was nicht bedeuten mag, dass 2022 alles besser wird. Glücksspiel zieht Korruption nahezu an. Die Geldberge sind unendlich groß.

Politisch bestens vernetzte Unternehmen

Einer dieser Geldberge befindet sich bei der Casinos Austria AG. Ein Konzern, der lange Zeit im Mehrheitsbesitz und unter Kontrolle des Staates betrieben wurde. Verlockend nahe sind Jobs und Posten in diesem Konzern. „Wer kennt wen“ ist dort offensichtlich wichtiger, als „was kann jemand“. Dies zeigte nicht zuletzt der Fall von Peter Sidlo, der über ein politisches Ticket der FPÖ die Spitze des Konzerns erklimmen konnte – ohne einschlägige Vorerfahrung im Glücksspiel-Bereich wohlgemerkt.

Auch Ex-Vize von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bettina Glatz-Kremsner, wird eine politische Vorstandsbesetzung nachgesagt. Unter ihr wurden wegen wirtschaftlicher Turbulenzen (Glatz-Kremsner: „Corona“, „Rauchverbot“ sind Schuld) ein äußerst hartes Sparpaket umgesetzt. Die wahren Gründe für das Sparpaket sind aber in Glatz-Kremsner‘s Zeit als Finanzchefin des Konzerns ab 2010 zu suchen. Die Casinos Austria haben ein Kostenproblem, verbunden mit Freunderlwirtschaft, gepaart mit Missmanagement. So auch Quellen gegenüber der Spielerhilfe. Corona kann hier also bestenfalls als Vorwand vorgeschoben werden – besser gesagt als Brandbeschleuniger.

Im Aufsichtsrat der Casinos Austria AG war Walter Rothensteiner Vorsitzender, bis er von seinem Amt zurücktrat. „Es ist Zeit für neue Leute“, wie der Manager betonte. Zeitgleich liefen die Ermittlungen in der Casinos-Affäre, wo auch Rothensteiner einer der Beschuldigten ist. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Sein Ticket war wohl von Raiffeisen und ÖVP. Gefolgt ist ihm Siemens-Manager Wolfgang Hesoun, der der SPÖ zuzurechnen ist. „Die Presse“ titelte die neue Besetzung bei den Casinos Austria so: „Der rote Manager, dem die ÖVP vertraut

Das österreichische Finanzministerium

Ein weiterer Eckpfeiler des vernetzten Systems ist das Finanzministerium. Das Ministerium hat eine unvorteilhafte Mehrfachrolle. Es ist die einnehmende Stelle von Steuern aus dem Glücksspiel, aufsehende Stelle für das Glücksspiel und zeitgleich zentrale Stelle für das Thema Spielerschutz. Diverse Personen im Ministerium haben äußerst vertrauensvollen Kontakt zur Casinos Austria AG. Und umgekehrt. Bettina Glatz-Kremsner etwa ließ innerhalb ihres Unternehmens eine eigene Version des Entwurfs des neuen Glücksspielgesetzes ausarbeiten und versiegelt ins Finanzministerium übermitteln. Dies beschäftigt nun auch die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft. Auch für Bettina Glatz-Kremsner gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.

Finanzministerium Österreich

Zusammengefasst kann gesagt werden: Das Ministerium erfüllt die Kontrolle im Glücksspielbereich nur unzureichend, beim Thema Spielerschutz handelt es sich bestenfalls um eine Alibi-Einrichtung. Einzig wichtig scheinen die Einnahmen der Steuern. Dies erkannte auch – wohl gezwungenermaßen aufgrund überraschender Ermittlungen gegen die eigene Person – Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Er kündigte kurz darauf eine Entflechtung dieser Kompetenzen an. Die Umsetzung ist jedoch bis heute ausgeblieben. Doch der zunehmende Druck, auch von Seiten der Spielerhilfe, wird dazu beitragen dass die Regierung bald handeln muss. Immerhin steht demnächst eine Klage gegen den Staat bevor (Amtshaftungsklage), der dabei wohl in Erklärungsnot geraten könnte. Die Ermittlungen gegen Blümel wurden in der Zwischenzeit eingestellt.

Die Grünen und ihr Spiel mit dem Glück

Die Umsetzung der von Gernot Blümel angekündigten Novellierung des österreichischen Glücksspielgesetzes wurde zu einem gewissen Teil in die Hände der Grünen übergeben. Voller Tatendrang wurde daraufhin geplant und in den Medien lautstark angekündigt. Alle dabei genannten Zeitpläne wurden mittlerweile überschritten, es gibt nach wie vor keine Details zu den genauen Inhalten und zur weiteren zeitlichen Planung.

Die Spielerhilfe wollte dabei ihre Expertise im Bereich Spielerschutz einbringen. Vielfache Versuche einer Kontaktaufnahme scheiterten. Die zuständigen Personen der Grünen wollten sich bis heute nicht an einen Tisch mit der Spielerhilfe setzen. Der Kontakt wurde regelrecht abgeblockt. Offenbar vertraut man mehr auf Beratungseinrichtungen, die auf den Spendenlisten der Glücksspiel-Industrie stehen.

Deal mit den Casinos Austria?

Spätestens seit dem Wechsel von Eva Glawischnig (Grüne) aus der Politik zu Novomatic ist der Glücksspiel-Konzern parteiintern ein Feindbild. In der Branche hält sich hartnäckig das Gerücht, die Grünen hätten einen Kuhhandel mit den Casinos Austria geschlossen. Diesem Unternehmen stehe man parteiintern positiv gegenüber, so ein Grüner gegenüber der Spielerhilfe. Bei der kommenden Glücksspielgesetzes-Novelle sollen die Casinos Austria auf den Betrieb der Video-Lottery-Terminal-Outlets („Winwin“) verzichten müssen, dafür dürfen sie weiterhin damit rechnen, die einzig legale Online-Casino-Lizenz für Win2day zu behalten. Es soll also keine Konkurrenz im Online-Bereich geben.

Abgeordnete der Grünen, Nina Tomaselli

Die Abgeordnete zum Nationalrat (Die Grünen), Nina Tomaselli, bei einer Rede im Parlament. (Foto: Screenshot/ORF III)

Zusätzlich kann die Win2day ihr Geschäft ausbauen, da die Konkurrenz aus dem Ausland mittels DNS-Blocking technisch abgeschalten werden soll. Sollten sich diese Gerüchte bewahrheiten, wäre das ein handfester Skandal. Der Verzicht der VLT-Outlets lässt sich übrigens ganz einfach umgehen – man könnte beispielsweise anstatt VLT-Automaten ganz klassische Glücksspiel-Automaten ohne VLT-Technik aufstellen. Für den Kunden ändert sich dadurch nichts, denn für ihn ist nicht ersichtlich wie die Automaten technisch im Hintergrund funktionieren. Medial hat sich die Noch-Casinos-Chefin Glatz-Kremsner jedenfalls diesbezüglich entrüstet gegeben.

Diese Vermutung würde erklären, weshalb die Grünen nicht gesprächsbereit gegenüber der Spielerhilfe sind. Der Verein ist schließlich bekannt als Kritiker der Casinos-Unternehmensgruppe. Der Verein vermutet, die Grünen dürfen ganz einfach keinen Kontakt mit der kritischen Spielerhilfe haben. Bis zum Erscheinen dieses Artikels gab es von Seiten der Grünen keine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen.

„Die Grünen haben in der Vergangenheit im Grunde kein schlechtes Wort über die Casinos Austria-Gruppe verloren – über die Novomatic hingegen schon. Warum das so ist, darüber kann nur gemutmaßt werden.“

so eine Quelle gegenüber der Spielerhilfe.

Medien und ORF im Interessenkonflikt

Große Geldberge, viele Inserate. Die Glücksspiel-Industrie wird von Medien mit Samthandschuhen angefasst. Wer will auch die fütternde Hand beißen? Viele Medien erhalten hohe Summen für die Schaltung diverser Werbeeinschaltungen. Kritik muss gut überlegt sein, ansonsten könnte dies empfindliche Auswirkungen auf die Einnahmen haben. Ein Redakteur einer namhaften Tageszeitung brachte gegenüber der Spielerhilfe unverblümt zum Ausdruck: „Das können wir nicht berichten, das geht ja gegen die ÖVP“. Das Glücksspiel liegt politisch großteils in den Händen der ÖVP. Bei all den politischen Verflechtungen könnte man schon denken, die Partei selbst betreibt die Casinos Austria AG.

Bei der Pressekonferenz Backstage

Der ORF filmte eine von der Spielerhilfe stattgefundene Pressekonferenz. Zur Ausstrahlung kam es jedoch nicht. „Aufgrund der aktuellen Corona-Nachrichten-Lage ist derzeit kein Beitrag dazu geplant“, teilte uns die zuständige Produktionsleiterin mit. Die Vermutung der Spielerhilfe: Der Sender konnte oder durfte es nicht ausstrahlen.

ORF Beteiligung
Foto: Screenshot Lotterien.at

Der ORF hat ebenso eine sehr interessante Verbindung zu den Casinos Austria. Wie der Dossier bereits 2016 berichtete, habe der ORF ein Glücksspiel-Problem. Der staatliche Rundfunk ist sogar wirtschaftlich an den Casinos Austria beteiligt. Genauer gesagt hält der Rundfunksender eine Beteiligung an den Österreichischen Lotterien – und zwar über die Lotto-Toto Holding Gesellschaft. Die Spielerhilfe merkte bereits die politische Einflussnahme deutlich. Mehrere Einladungen zu Interviews, gefolgt von zeitnahen Absagen. Eine Aufnahme unserer Pressekonferenz, keine Ausstrahlung. Der ORF dürfte also ebenso einen Interessenkonflikt haben.

Spielerschutz-Lüge

Die Regierung und das Finanzministerium betonen unermüdlich, wie wichtig es sei dass es legale Betreiber wie die Casinos Austria und Novomatic in Österreich gibt. Und die Menschen überhaupt nur bei lizenzierten Anbietern spielen. „Denn nur dort ist der Spielerschutz gewährleistet“, lautet die einheitliche Aussage über alle Stellen. „Das Glücksspielgesetz hat seit 2010 einen stark verstärkten Spielerschutz“, lautet eine weitere Aussage. Der Bürger wird damit an der Nase herumgeführt. Denn es gibt bis heute keinen effektiv funktionierenden Spielerschutz in Österreich, der die Spielsüchtigen wirklich schützen würde. Dieses Vorgehen dient eher als Taktik, die legalen Betreiber als „sozial engagiert“ zu präsentieren und die Umsätze zu diesen Betreibern zu lenken – zwecks der erwünschten Steuereinnahmen. Der Spielsüchtige spielt in Wahrheit keine Rolle. Er liefert viel mehr das Geld, welches dieses System weiter am Laufen halten soll.

Eines kann die Spielerhilfe aber schon jetzt vorwegnehmen: Das neue Glücksspielgesetz wird weder Sportwetten als Glücksspiel behandeln, noch wird es eine Anhebung beim Verkauf von Lotterie-Produkten von 16 auf 18 Jahren geben. Außerdem wird keine Registrierungs-Pflicht beim Kauf der Lotterie-Produkte eingeführt, was erneut belegen wird: Tatsächlicher Spielerschutz hat keinen Wert. Dies ist schon äußerst bedenklich.

Spielerschutz-Lüge

Husch-Pfusch Gesetzesnovelle?

Es bleibt nun abzuwarten, ob wir 2022 tatsächlich die Glücksspielgesetzes-Novelle erleben werden. Wie wir es bisher schon gesehen haben: Es wird bis dahin wohl vieles angekündigt, vieles schön geredet, vieles ausgelassen. Am Ende wird man erneut von einem großen Spielerschutz-Upgrade sprechen, die Medien werden sich dem großteils anschließen. Bei den Grünen wird man sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und es als große Errungenschaft der eigenen Partei präsentieren. Doch der effektive Spielerschutz wird auch dieses Mal erneut ausbleiben. Denn er ist ganz einfach nicht im Interesse von Regierung und Finanzministerium.

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