Das illegale Online-Glücksspiel gerät immer mehr außer Kontrolle. Seitdem Rückforderungen von Spielverlusten österreichischer und deutscher Spieler in Malta-Casinos ohne großen Aufwand geltend gemacht werden können, eröffnen immer mehr Casinos mit einer Lizenz aus Curaçao ihre Pforten. Die wahren Eigentümer bleiben dabei meist im Verborgenen. Die zur Anwendung kommenden Tricks gegenüber den Spielern werden immer dreister. Ein Anwalt aus Curaçao geht nun entschieden gegen diese Unternehmen vor.
Curaçao als Hochburg für mafiöse Online-Casinos
Sieht man sich neue Online-Casinos näher an, fällt sehr schnell auf: Meist kommt eine Curaçao-Lizenz zur Anwendung. Vier sogenannte Master-Lizenzen gibt es, ausgestellt etwa von Antillephone oder Curacao-eGaming. Hinter den lizenzvergebenden Stellen steht aber nicht der Staat selbst, sondern Unternehmen, die ihre erhaltene Lizenz als Sub-Lizenzen weiterverkaufen. Um zu solch einer Lizenz zu kommen, gibt es derzeit nur geringe Anforderungen: Die Zahlung von überschaubaren Jahresgebühren und das Erfüllen von äußerst niedrigen Anforderungen.
Sogenannte Trust-Companies kümmern sich um die Errichtung der dazu notwendigen Firmen, Bankkonten und Lizenz-Beantragung. Die Gesamtkosten sind niedrig. Bereits ab rund 15.000 Euro ist man im Besitz der benötigten Firmenstruktur, der Glücksspiel-Lizenz und den Bankkonten in Curaçao und beispielsweise Zypern, wo die Gelder der spielenden Kunden in einer weiteren Gesellschaft landen. Das Geschäftsmodell der tätigen Trust-Companies lautet: Geheimhaltung. In den meisten Fällen scheint ein Geschäftsführer im Firmenregister auf, der von der Trust-Company selbst eingesetzt wird – auf Wunsch der wahren Eigentümer. Diese bleiben anonym. Herauszufinden, wer tatsächlich hinter einem Online-Casino als ultimativer Eigentümer agiert, ist praktisch unmöglich. Die Anzahl betrogener Spieler wird immer größer. Hilfe von offiziellen Stellen kann ein Betroffener nicht erwarten. Die betrogenen Spieler bleiben mit ihren Problemen allein. Zumindest fast, denn ein Anwalt in Curaçao kämpft unermüdlich für Spieler auf der ganzen Welt, die von Curaçao-Casinos betrogen wurden.
Schmutzige Tricks & gefälschte Spiele
Die Anonymität der agierenden Personen bringt für spielende Kunden viele Gefahren mit sich. Der wahren Eigentümer fühlen sich sicher, agieren oftmals mit diesem Schutz vor Offenlegung der eigenen Identität ungeniert. Kunden werden bei etwaigen Auszahlungen oftmals mit fragwürdigen Methoden vertröstet, willkürlich werden angeblich benötigte Dokumente angefordert, um Auszahlungen zu verwehren. Bestehende Kontostände werden mit unverständlichen Gründen einfach eingefroren oder gelöscht. Agierende Unternehmen arbeiten zu einem guten Teil, wie sie wollen. Konsequenzen müssen sie in den meisten Fällen keine erwarten. Das Glücksspiel auf Curaçao hat bis heute keine ordentliche Regulierung, es mangelt an Aufsicht, Beschwerden bei den Lizenzstellen bleiben oft unbeantwortet.
Die Tricks der Betreiber sind aber keinesfalls auf verzögernde Auszahlungen beschränkt. Der Anbieter Rabidi N.V. beispielsweise, der eine Vielzahl verschiedener Casino-Marken mit Curaçao-Lizenz betreibt, verwendet zum Teil Kopien von Novomatic/Greentube- und Play’N Go Spielen. Diese bei Spielern beliebten Spiele sehen dabei aus wie die Originale, es handelt sich jedoch um Kopien. Für den Normalverbraucher ist diese Kopie nicht erkennbar. Erst bei technischer Betrachtung fällt auf: Die Spiele werden von einem inoffiziellen Server geladen. Novomatic untersucht die gemeldeten Fälle aktuell, bestätigte jedoch bereits zuvor dass lediglich auf win2day angebotene Spiele für österreichische Spieler legal sind.
„Es gibt zahlreiche nachgeahmte „Greentube“- Spiele, und dagegen geht meine Mandantin auch rechtlich vor. So hat sie 2022 mehr als 3.100 online counterfeit listings löschen lassen und mehr als 1.600 enforcement actions eingeleitet.“
teilte Novomatic-Anwalt Dr. Peter Zöchbauer auf Anfrage mit.
Das Anbieten von illegalen Kopien bekannter Spiele ist nicht nur kriminell, es ist auch davon auszugehen, dass diese in Hinblick auf Auszahlungs- und Spiel-Verhalten von den Originalen abweichen und daher die Betreiber viel mehr Geld verdienen. Oder besser gesagt: Den Kunden abknöpfen.
Der Casino-Betreiber Rabidi N.V. bietet in seinen Online-Casinos – in diesem Fall Neon54 – illegale Kopien bekannter Spiele von unter anderem Novomatic/Greentube und Play’N Go zum Spielen an.
Ein Anwalt kämpft für Gerechtigkeit
Die immer größer werdende Zahl von Geschädigten ist zahlenmäßig schwer einzuschätzen. Curaçao soll schon bald eine neue Glücksspiel-Gesetzgebung erhalten. Darin involviert ist jedoch auch die Industrie selbst. Die karibische Insel gehört formell zum niederländischen Königreich. Die Niederlande kritisieren schon lange das Vorgehen der Kollegen in Curaçao und üben kräftig politischen Druck aus. Doch die Industrie ist mächtig und die Geldmassen unendlich groß. Ein Anwalt hat sich dem Kampf für Spieler in Curaçao-Casinos verschrieben: Roelof Bijkerk von der Kanzlei LMS Advocaten kämpft für Spieler in der ganzen Welt in seiner Heimat um Gerechtigkeit. Für Personen, bei denen der Anbieter bewusst eine bekannte Spielsucht ausnützte, oder etwa für Fälle von nicht ausbezahlten Gewinnen.
Dabei benötigt Bijkerk eine dicke Haut, denn auch für ihn ist der Zustand in Curaçao untragbar:
„Es ist bekannt, dass die Regierung von Curaçao überhaupt keine Aufsicht hat, und das wird bestimmte Arten von Casino-Betreibern anlocken, die mit dieser mangelnden Aufsicht zufrieden sind.“
so der Anwalt Roelof Bijkerk gegenüber der Spielerhilfe.
Vor Gericht erkämpfte er bereits viele erfolgreiche Urteile für Spieler. Mehrere Unternehmen schickte Bijkerk bereits in die Zahlungsunfähigkeit, da sie nicht willig waren, Verluste rückzuerstatten. Darunter etwa 1xbet. An Arbeit mangelt es dem Spieleranwalt jedenfalls nicht.
„Wenn nötig, kämpfen wir bis zum höchsten Gericht in den Niederlanden, wie wir es im Insolvenzfall des Casinobetreibers 1xbet getan haben.“
sagt Bijkerk.
Säumiger Staat
Der österreichische Staat bleibt im Bereich von Spielerschutz weiter säumig. Die angekündigte Sperre ausländischer und illegaler Online-Casinos via DNS/IP-Blocking wurde trotz Ankündigung bis heute nicht umgesetzt. Rückforderungen von Spielverlusten über sogenannte Spielerklagen waren bislang mehr oder weniger auf Malta- und Gibraltar-Casinos begrenzt und wurden nun durch eine entsprechende Gesetzesänderung in Malta – zumindest vorübergehend – außer Kraft gesetzt. Prozessfinanzierer und Anwälte lehnten so gut wie in jedem Fall Rückforderungen von Curaçao-Casinos ab. Zu komplex sind die Gerichtswege außerhalb der Europäischen Union. Zu unsicher die Erfolgschancen. Dieses Spiel könnte sich nun aber zum Vorteil für Spieler drehen.