Nach den zuletzt aufgedeckten Versäumnissen beim Jugendschutz der Österreichischen Lotterien bemühten sich die Lotterien offensichtlich, damit medial in Österreich nur wenig davon veröffentlicht wird. Also kontaktierte der Verein ausländische Fachmedien, die auch umgehend berichteten. Plötzlich verschwanden bereits veröffentlichte Artikel wieder. Völlig unklar weshalb. Nun konnte die Spielerhilfe aufdecken, warum es zu diesen mysteriösen Löschvorgängen kommt und wer dahinter steckt: Der Eigentümer Allwyn und eine beauftragte Firma in London.

Umfangreiche Berichterstattungen nach Pressekonferenz

Im Anschluss an die letzte Pressekonferenz in Wien war es medial in Österreich äußerst ruhig. Die ständige Diskreditierung von Seiten der Österreichischen Lotterien in Richtung Verein Spielerhilfe sind ein Mitgrund, weshalb Journalisten teilweise nicht mehr über die Aktivitäten des Vereins berichten. Ein anderer Grund sind die großen Werbebudgets, die über Inserate für Lotto & Co an die einzelnen Medien verteilt werden.

In Gesprächen mit Medien wurde von leitenden Journalisten mitgeteilt, dass man keine Kritik an den Österreichischen Lotterien anbringen könne, da es „eine sehr enge Werbepartnerschaft gibt, die man sich nicht kaputt machen möchte“. Ein anderer leitender Journalist sagte unverblümt, dass eine kritische Berichterstattung wohl nicht möglich sei, man solle es aber beim „Klenk vom Falter“ versuchen. Er würde so etwas noch am ehesten bringen können.

Auf der Suche nach einer Lösung für das Medienproblem, kam die Idee der Einbeziehung ausländischer Medien. Diese hängen im Gegensatz zu den österreichischen Medien nicht am Geldtropf der Lotterien, was offensichtlich eine Berichterstattung verhindert. Erstaunlich schnell berichteten nach Übermittlung von Informationen an die Redaktionen ca. 8 Medien über die Versäumnisse der Lotterien beim Jugendschutz ihrer Produkte. Hauptsächlich in englischer Sprache.

Das große Löschen

Wenige Stunden später dann der erste Rückschlag – ein europaweit großes Fachmedien mit dem Namen „iGamingBusiness“ – kurz: iGB – löschte offensichtlich den zuvor erschienenen Beitrag wieder. „404 – Content not found“ war der einzig zu findende Satz auf jener Seite, wo zuvor ausführlich über die Jugendschutz-Thematik berichtet wurde. Nur einen Tag später löschten auch zwei weitere Medien ihre Artikel wieder. Da kam beim Verein bereits die Vermutung auf, dass im Hintergrund jemand Druck auf die jeweiligen Medien ausüben könnte, um die kritischen Berichte verschwinden zu lassen.

Am Dienstag, dem 24. Oktober 2023 bekam die Spielerhilfe plötzlich eine E-Mail von einer Mitarbeiterin der Firma „Brunswick Group“ aus London. Im Auftrag der Firma Allwyn (Eigentümer der Österreichischen Lotterien, Anm.) schreibe sie dem Verein, es geht um einen kürzlich veröffentlichten Artikel zum Thema im Bereich Altersprüfung und groben Jugendschutz-Verletzungen. Man wolle sich dazu unterhalten, mittels einem „Hintergrundgespräch“. Und dann noch der Hinweis: Zwei Medien haben diesbezüglich ihre veröffentlichten Artikel letzte Woche bereits wieder vom Netz genommen.

Ein grober Fehler offenbart Dirty Campaigning der Allwyn

Der Mitarbeiterin von Brunswick unterlief ein schwerwiegender Fehler. Die Webseite „Lottery Insider“ veröffentlichte nämlich 1:1 jene Pressemeldung, welche die Spielerhilfe als Information für einen Artikel übermittelte. Am Ende der Pressemeldung standen die Kontaktdaten des Vereins selbst. Die Brunswick-Angestellte dachte sich also, sie schreibt hier dem Journalisten von Lottery Insider. Kurzerhand rief Christoph Holubar von der Spielerhilfe die Mitarbeiterin an und berief sich auf das erhaltene E-Mail. Das Gespräch begann sofort mit dem Auftrag, den Brunswick auch direkt ausführt:

„Wir wollen den Artikel diskutieren. Eine Unterhaltung im Hintergrund. Wir wollen Sie auffordern, den Artikel vom Netz zu löschen, weil er eine Menge an Fehlinformationen enthält. Auch andere Medien haben diese Artikel zuvor bereits gelöscht, die sehr ähnlich mit ihrem Artikel waren. Die Spielerhilfe ist keine offiziell anerkannte Spielerschutz-Einrichtung. Alle echten Sucht-Einrichtungen in Österreich können das wahrscheinlich bestätigen. Der Verein diene nur privaten Interessen von Christoph Holubar.“

„Meine Aufgabe ist es, die Artikel löschen zu lassen“

Gründe, welche angeblichen Fehlinformationen die Artikel enthalten, gab sie keine. Das Ziel des Gesprächs war lediglich die Diskreditierung des Spielerhilfe-Vereins und der Person des Obmanns. Kurz darauf begann die englischsprachige Mitarbeiterin zu überlegen und bat zu verifizieren, mit wem sie jetzt eigentlich spreche. „Sind Sie Christoph Holubar?“ fragte sie. Sie erkannte ihren folgenschweren Fehler und wurde stark nervös. „Bitte verzeihen Sie mir meinen Fehler. Bitte vergessen Sie mein E-Mail.“

Auf weitere Nachfrage, was sie denn den Journalisten noch so erzähle, damit diese ihre zuvor bereits veröffentlichten Artikel wieder löschen, sagte sie: „Wir wollen nur dass die Journalisten die veröffentlichten Artikel wieder löschen, weil wir mit dem Inhalt nicht einverstanden sind. Meine Aufgabe ist es, die Artikel löschen zu lassen.“

Dieses E-Mail ging versehentlich an die Spielerhilfe anstatt den Journalisten von „Lottery Insider“. Ein folgenschwerer Fehler, denn er offenbarte die Dirty Campaigning-Methoden des Unternehmen Allwyn.

Kritische Berichte löschen mittels Dirty Campaigning

Der Lotterien-Eigentümer Allwyn beauftragte also das Unternehmen Brunswick in London damit, kritische Artikel über die Lotterien – und somit auch Allwyn selbst – löschen zu lassen. Die Kontrolle der Berichterstattung entglitt zuvor. Die verwendeten Maßnahmen sind Dirty-Campaigning-Methoden. Das bedeutet: Diskreditierung des Gegners, mit irreführenden und falschen Behauptungen, ausschließlich im Hintergrund. Hätte sich die Brunswick-Mitarbeiterin nicht mit ihrer E-Mail geirrt, wären diese fragwürdigen Methoden nicht öffentlich geworden.

Das Unternehmen Allwyn versucht mit dieser Methode die Verfehlungen der Österreichischen Lotterien im Verborgenen zu halten. Die zum Einsatz kommenden Diskreditierungs-Ansätze folgen der bisherigen Strategie aus Österreich und sind inhaltlich äußerst ident. Die Allwyn setzte also auf Dirty Campaigning, anstatt sich der Realität zu stellen, professionell zu reagieren und die Versäumnisse beim Jugendschutz zu beheben.

Der CEO von Allwyn, Robert Chvatal, sitzt gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der Österreichischen Lotterien. Unsere Anfragen ließ auch er bis heute allesamt unbeantwortet. (Fotocredit: Screenshot allwynentertainment.com)

Die Journalisten müssen sich außerdem die Frage gefallen lassen, weshalb ein einfacher Anruf zur Intervention ausreicht, um bereits veröffentlichte Artikel wieder zu löschen. Wie oft passierten solche fragwürdigen Vorgänge im Zusammenhang mit Berichterstattungen der Spielerhilfe bereits in der Vergangenheit?

Die Unternehmen KKCG (Eigentümer Allwyn), Allwyn (Eigentümer Österreichische Lotterien), sowie die Österreichischen Lotterien selbst ließen bisher eine diesbezügliche Medienanfrage unbeantwortet.

Copyright Titelbild: Screenshot allwynentertainment.com

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