Gesetzliche Vorkehrungen bieten keinen effektiven Schutz vor Spielsucht
Der Glücksspielmarkt ist eine Milliardenindustrie. Geld, das zu einem guten Teil mit Spielsüchtigen verdient wird. Gäbe es einen effektiven Spielerschutz, so würde viel Umsatz und Gewinn aus diesen Einnahmen verschwinden.
„Zu Beginn locken wir die Leute in unsere Casinos, indem wir Veranstaltungen oder Tombolas machen“
so ein Manager eines bekannten Casinobetreibers
Das Geschäft mit den Spielsüchtigen
Ein Glas Sekt, Spielguthaben in einer überschaubaren Höhe. Die Gäste sind schick gekleidet, die Atmosphäre ist ansprechend und einzelne Besucher bezeichnen das Spiel mit dem Glück als anregend und spannend. Ab und zu einen schönen Abend mit dem eigenen Partner oder Freunden verbringen, das eigene Glück probieren.
Auf diesem Weg haben viele Spielerkarrieren begonnen, denn Spielsucht entwickelt sich still, schleichend und vor allem schnell. Die anfänglichen Besuche mit Freunden verändern sich in weiterer Folge dahingehend, dass Spielsüchtige die Örtlichkeit plötzlich auch alleine betreten. Ein Problembewusstsein zum eigenen, veränderten Spielverhalten, existiert zu diesem Zeitpunkt in den meisten Fällen noch nicht.
Je stärker die Sucht wird, umso häufiger werden die Besuche. Irgendwann wird die Häufigkeit so hoch, dass tägliche Besuche die Folge sind. Die Sucht hat sich entfaltet.
Profit
Regelmäßige und häufige Zutritte bedeuten für die Anbieter des Spiels mit dem Glück vor allem eines: Umsatz und Gewinn. Das liegt in der Natur der Sache, denn ein Gelegenheits-Gast, der ein bis zweimal pro Jahr zu Besuch kommt, liefert nicht genügend Umsatz, um den Betrieb und seine Mitarbeiter zu finanzieren oder gar Profit zu machen. Aus Erfahrung der Mitglieder des Vereins Spielerhilfe – sie selbst sind alles ehemalige Spieler – befinden sich in den Spiellokalen tagtäglich großteils bekannte Personen. Stammspieler. Gelegenheitsspieler oder seltene Gäste gibt es, diese sind aber eher die Minderheit.
Die Spielsüchtigen werden also gebraucht, ohne sie wäre ein Betrieb der Glücksspiellokale in dieser Form nicht möglich. Einziges Problem dabei: Die Betreiber sind in Österreich dazu aufgefordert, auffällig werdende Gäste vor der Gefahr der Spielsucht zu schützen. Diese Regelung hat den Namen „Spielerschutz“ erhalten. Die Glücksspielbetreiber kommen damit wohl in eine Art Interessenskonflikt, denn schließlich will und muss ja auch Geld verdient werden.
Spielerschutz im Haus der Glücksspielbetreiber
Die Basis für den Spielerschutz ist im Glücksspielgesetz festgeschrieben. Dabei geht es um verschiedene Themen, unter anderem den Jugendschutz, sowie der Vermeidung der Sucht- und Existenzgefährdung.
Kleines vs. Großes Glücksspiel
Das Glücksspielgesetz muss im Detail betrachtet werden. Die Spielerschutzmaßnahmen kommen nämlich im Großen und Ganzen nur bei den Anbietern des kleinen Glücksspiels zur Anwendung. Verpflichtende Abkühlphasen, die ein Spiel nach 2 Stunden unterbrechen, das Spielen an nur einem Automaten gleichzeitig, das manuelle Auslösen des Spieles durch Verbot der Automatik-Starttaste an den Automaten: All das findet beim großen Glücksspiel keine Anwendung. Das große Glücksspiel ist daher am schlechtesten geregelt, was den Spielerschutz betrifft. Abgesehen davon, dass die Spielerschutz-Maßnahmen ohnehin auf einem theoretisch sehr niedrigen Niveau angesiedelt sind, ist diese Regelung völlig absurd. Beim kleinen Glücksspiel beträgt der Einsatz pro Spiel an den Automaten bis zu 10 Euro, beim großen Glücksspiel bis zu 1.000 Euro – pro Umdrehung für ein Spiel, das maximal 2 Sekunden dauert. Besucher der österreichischen Spielbanken sind daher, auf Basis des Glücksspielgesetzes, besonders schlecht geschützt.
Eigenverantwortung von Spielsüchtigen
Kommt es folglich zu Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Spielsüchtigen und dem Glücksspielbetreiber, so nimmt man den Spieler auch in die Verantwortung, dafür wurde ein eigener Punkt im Gesetz vorgesehen. Gibt der Spieler im Zuge eines Informationsgespräches an, das Spielen sei für ihn leistbar, genügen diese notierten Aufzeichnungen offenbar später, um Schadenersatzforderungen abzuwehren oder zumindest zu bezweifeln.
Die Möglichkeit für einen Spielsüchtigen, sich selbst sperren zu lassen, darf in der Effektivität ebenso bezweifelt werden. Bei einem fortgeschrittenen Suchtverhalten und in weiterer Folge dem einsetzenden Kontrollverlust, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Selbstbeschränkung eine effektive Maßnahme darstellt. Die Verschiebung der Schutzmechanismen kann und darf nicht auf den einzelnen Spieler abgewälzt werden. Immerhin handelt es sich um ein Suchtverhalten.
„Die Spielbankleitung haftet nicht, sofern der Spielteilnehmer bei seiner Befragung nicht offensichtlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht“
so das Glücksspielgesetz
Unzureichende gesetzliche Vorkehrungen
Die im Gesetz vorgesehenen Vorkehrungen für Spielerschutz, die durch die Glücksspielbetreiber selbst umgesetzt werden müssen, sind nicht effektiv genug. Das Einholen einer Bonitätsauskunft liefert finanziell negativ verlaufende Entwicklungen oft zu stark zeitverzögert, das Führen eines Informationsgespräches mit dem Gast hat defacto keinen wirksamen Effekt, das Verhängen von Besuchsbeschränkungen beschränkt zwar den Gast in der möglichen Häufigkeit seiner Zutritte, jedoch nur soweit als das der Glücksspielbetreiber trotzdem weiterhin Geld mit dem Spielsüchtigen verdienen darf. Beschäftigt man sich mit diesen Themen, wird schnell vermutet: Der Gesetzgeber hatte nicht als primäres Ziel, hier einen wirksamen Schutz einzubauen. Auch hier gibt es einen möglichen Interessenskonflikt, denn der Staat verdient beim Glücksspiel kräftig mit. Effektive Maßnahmen sehen anders aus, dazu gibt es mittlerweile genügend Vorbilder im europäischen Ausland. Eine zentrale Sperrdatenbank fehlt etwa, genauso wie eine totale Kontrolle aller Spieler und die damit verbundene Einzelfall-Prüfung für auffällige Spieler an unabhängiger Stelle.
Systemisch läuft etwas falsch
Beratungsstellen ringen um Unterstützung
„Wenn Österreich es mit dem Spielerschutz ernst meinen würde, dann würde man den Beratungsstellen ausreichend Finanzierung zur Beratung Hilfesuchender zur Verfügung stellen.“
so eine Person gegenüber dem Verein Spielerhilfe, die in einer der Einrichtungen tätig ist