Der Verein Spielerhilfe deckte in den letzten eineinhalb Jahren grobe Verfehlungen des Casinos Austria Konzerns auf. Im Rahmen von Recherchen wurden bisher mehr als 50 Recherche-Anfragen an zuständige Abteilungen und Mitarbeiter des Glücksspielkonzerns übermittelt. Vorweg sei betont: Für jede einzelne der nachfolgenden Anschuldigungen sendeten wir Anfragen zur Stellungnahme an die Casinos Austria. Keine Einzige davon wurde bis heute beantwortet.

Casinos glauben, Vorwürfe wie üblich aussitzen zu können

Das Unternehmen stellt sich gegenüber der Spielerhilfe quasi künstlich tot. Es hofft wohl, mit dieser Strategie des Aussitzens die Arbeit des Vereins dahingehend zu sabotieren, dass wir in der Aufarbeitung dieser Themen nicht weiter kommen und irgendwann aufgeben. Eine andere Bezeichnung für diese Strategie wird auch als das Aushungern bezeichnet.

Dabei bedienen sich die Casinos Austria ihrer eigenen Überheblichkeit. Immerhin ist das Unternehmen sowohl im Finanzministerium als auch in beinahe allen politischen Parteien bestens vernetzt und wird von diesen Stellen geschätzt behandelt. Alle namhaften Medien in Österreich kassieren jährlich große Summen für Inserate von diesem Unternehmen. Dies führt etwa dazu, dass jene selbst über erschütternde Themen, wie die von uns aufgedeckte Automaten-Auszahlungs-Manipulation, nicht berichten möchten. Zu stark ist der Druck aus den Chefredaktionen, die Casinos Austria Gruppe mit Samthandschuhen anzufassen – immerhin sind sie ein geschätzter Werbekunde und eine sprudelnde Einnahmequelle.

Konzern-Missmanagement

Die Casinos Austria-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner kam laut diverser Medienberichte wohl mit Hilfe der ÖVP an die Spitze des Konzerns. Sie ist die ehemalige Vize von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Unter Glatz-Kremsner wurden viele Mitarbeiter im Unternehmen gekündigt, da es mit einem groß angelegten Sanierungsprogramm zu erheblichen Einsparungen gekommen ist. Glatz-Kremsner suchte in der Begründung gegenüber Medien für diese Einschnitte nach Schuldigen vor ihrer Zeit. Was jedoch nicht in den Zeitungen berichtet wurde: In ihrer Verantwortung liegen alle Finanzen der gesamten Konzernstruktur bereits seit dem Jahr 2010.

Besonders kommunikativ zeigte sich Glatz-Kremsner auch gegenüber der Spielerhilfe nicht. In etlichen E-Mail Anfragen kam es zu keiner einzigen Beantwortung. Auch in persönlich übermittelten WhatsApp-Anfragen färbten sich zwar die Häkchen sehr schnell blau, doch zu einer Kontaktaufnahme kam es nie. Dabei geht es um hochbrisante Themen. Ein ernstgemeintes Management eines seriösen Glücksspielkonzerns hätte im eigenen Interesse zur Aufklärung darauf reagiert, so die Meinung der Spielerhilfe.

WhatsApp an Glatz-Kremsner #1
WhatsApp an Glatz-Kremsner #1
WhatsApp an Glatz-Kremsner #3

Mehrere Anfragen an die Konzernspitze. Keine Antworten. Da Glatz-Kremsner auf keine unserer ausführlichen E-Mail Anfragen antwortete, nahm die Spielerhilfe Kontakt per WhatsApp auf. Antwort erhielten wir trotz „Gelesen-Status“ keine. Dafür blockierte Glatz-Kremsner gleich zwei Nummern des Vereins.

Verstoß gegen §51 Glücksspielgesetz: Spielgeheimnis

Die Spielerhilfe konnte aufdecken, dass es bei den Casinos Austria intern zu einem Datenschutz-Chaos kommt. Zu Zwecken von Umsatz- und Gewinnoptimierung tauschen die verschiedenen Konzessionsinhaber aus dem Konzern die hochsensiblen Daten über Besuchsfrequenz, Personendaten sowie Gewinn- und Verlustaufzeichnungen untereinander aus. In regelmäßig stattfindenden internen Meetings werden diese Daten zu diesen Zwecken ausgetauscht. Jedoch nicht, um spielsüchtige Menschen vor ihrer eigenen Sucht zu schützen.

„Ein Spielerdatenaustausch zwischen unterschiedlichen Glücksspielkonzessionären, die selbständige Gesellschaften sind, ist rechtlich aus Gründen des Spielgeheimnisses und des Datenschutzes nicht zulässig.“

Diese Aussage stammt von den Casinos Austria selbst. Gegenüber der Zeitschrift „profil“ argumentierten sie auf Anfrage, weshalb die Casinos nicht von einem Spielsucht-Problem desselben Spielers bei „Winwin“ gewusst haben. Nachzulesen in der Ausgabe 47 vom 17. November 2019.

Besonders dreist ist der Umstand, dass trotz Meldung dieser offensichtlichen Verstöße an die Aufsichtsbehörde, das Finanzministerium, bis heute offensichtlich nichts passierte. In einer Anfragebeantwortung durch das Finanzministerium bekommen wir den Eindruck, als dass dieser bekanntgewordene Umstand dort kein wirkliches Interesse weckte und somit weggesehen wird:

„Der Tätigkeitsbereich der Glücksspielaufsicht im BMF erstreckt sich auf die Einhaltung der Bestimmungen des GSpG sowie auf dessen Basis erlassener Bescheide. Dem BMF liegt auch keine Judikatur zur Verletzung von Datenschutzbestimmungen durch Bundeskonzessionäre vor, die allenfalls eine Beeinträchtigung der glücksspielrechtlichen Redlichkeitserfordernisse bewirken könnte.“

So ein Sprecher des Finanzministeriums gegenüber der Spielerhilfe. Maßnahmen gab es offensichtlich bis heute keine. Das Finanzministerium wertet diesen bekanntgewordenen Verstoß als Thema, welches nicht in seine Zuständigkeit fällt. Obwohl der §51 im Glücksspielgesetz ganz deutlich das Spielgeheimnis regelt.

Zwischenzeitlich wurden diese Datenschutzverstöße an die Datenschutzbehörde gemeldet. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Untersuchungen aus den geschilderten Fällen samt Belegen verlaufen werden. Die Spielerhilfe bleibt an diesem Thema dran und wird dazu bei Bekanntwerden von neuen Informationen erneut berichten.

Glücksspiel-Manipulation offenbar keine große Sache

Dass es bei den Casinos zu einer Steuerung des hauseigenen Automaten-Glücksspiels kommt, ist offenbar ebenso wenig relevant. Wir deckten als erstes Medium in Österreich überhaupt auf, dass es bei den Automaten zu Eingriffen von außen kommt, damit Umsatz und Profit des Konzerns steigen. Die Casinos schweigen, das Finanzministerium übernimmt die Rolle des Beschützers der Casinos. Dank der hartnäckigen und umfangreichen Recherchen sammelt die Spielerhilfe regelmäßig neue Belege dieser Glücksspiel-Manipulationen ein. So ist der Spielerhilfe etwa bekannt, dass die Änderungen der Auszahlungen bei den Casinos Austria von der Zentrale aus am Rennweg über eine Management-Software durchgeführt wird.

Aus Sicht der von der Spielerhilfe befragten Rechtsanwälte zu diesem Thema wird sehr schnell klar: Alle Juristen sehen hier eine Täuschung am spielenden Gast. Gegen die Casinos sind aktuell mehrere Spielerklagen anhängig. Das Thema der Automaten-Manipulation wird in Kürze vor Gericht ausgetragen werden. Ein Szenario, welches für die Casinos Austria äußerst unangenehm sein wird. Doch auch das Finanzministerium selbst könnte hier zu einem Mitspieler in diesen Fällen werden, weiß es doch laut gut informierten Quellen über diese Vorgänge Bescheid.

Projekt Casinos Automaten-Gewinne (Casinos Austria)

Bewusst äußerst mangelhafter Spielerschutz

Wie mehrfach belegt, bedienen sich die Casinos Austria beim Spielerschutz dem absoluten Minimum. Zu groß ist der Wunsch und Finanzdruck des Unternehmens, die Geldquellen – spielsüchtige Spieler – weiter sprudeln zu lassen. Dies führt dazu, dass der angeblich so gute Spielerschutz des Konzerns völlig vernachlässigt wird. In Salzburg nahmen die Casinos beispielsweise einer blinden spielsüchtigen Frau eine sechsstellige Summe ab. Doch auch in etlichen anderen Fällen hat der Glücksspielkonzern den Spielerschutz völlig vernachlässigt.

Ein Sammelwerk – nicht nur für Journalisten

Die Arbeit der Spielerhilfe ist zu einem äußerst brisanten Nachschlagewerk gewachsen. Die Informationen, die im Blog des Mediums aufzufinden sind, legen unzählige Belege für Verstöße und ein Missmanagement im Konzern offen. Neben Journalisten anderer Medien dürfte dieses Werk insbesondere auch für Politik und interessierte Menschen Relevanz haben. 

In der Politik wird hinter vorgehaltener Hand des öfteren gesagt, dass vieles kein Problem ist, solange es keine strafrechtliche Konsequenz daraus gibt. Bei den Casinos Austria fühlt man sich ganz offensichtlich ebenso sicher. Wohl solange, bis einzelne Personen des Unternehmens zur Verantwortung für ihr (Nicht-)Handeln gezogen werden.

Überheblichkeit wird zum Bumerang

Die aufgedeckten Verstöße der Casinos Austria sind so umfangreich und vielseitig, dass der Spielerschutz-Verein ein ganzes Buch verfassen könnte. Doch die Casinos und die verantwortlichen Personen des Unternehmens schweigen bis heute.

Rechtlicher Hinweis: Eine Stellungnahme des Finanzministeriums in Bezug auf die ihr bekannte Automaten-Manipulation bzw. Steuerung wurde bis zum Erscheinen dieses Artikels noch nicht beantwortet. Sobald uns diese vorliegt, werden wir den Artikel entsprechend darum ergänzen.

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