Entwicklungen im Bereich Spielerschutz lassen vermuten, dass die beim Finanzministerium eingerichtete Stelle für Spielerschutz nur wenig effizient in diesem Bereich handelt

Spielerschutz ist das wohl wichtigste Thema im Bereich Glücksspiel. Es geht um effizienten Schutz vor den Gefahren von Glücksspiel. Dazu hat das Finanzministerium, welches auch die entsprechende Kontrollfunktion über die Glücksspiellizenzen hat, über Bestimmung im Glücksspielgesetz eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet. Diese Stelle ist neben den Bundeskonzessionären, den Österreichischen Lotterien und Casinos Austria, auch für die Landesausspielungen im Bereich Spielerschutz verantwortlich.

Der Finanzierungsbeitrag

Die finanzielle Ausstattung der Stabsstelle wird mit Hilfe eines im Glücksspielgesetz (§1, Abs. 4) festgelegten Finanzierungsbeitrages sichergestellt. Der Nationalrat erfragte im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage Mitte 2019, wie diese Gelder verwendet werden. Die Stabsstelle gab laut Beantwortung im Jahr 2017 und 2018 jeweils zirka 100.000 Euro für die inhaltliche Unterstützung zum Thema Spielerschutz aus. Höher sind die Ausgaben für die wissenschaftliche Unterstützung des Spielerschutzes. Im Jahr 2017 wurden rund 120.000 Euro, im Jahr 2018 rund 170.000 Euro hierfür aufgebracht. Überschaubare Beträge, verglichen mit den Einnahmen im Bereich Glücksspiel. Interessant ist, dass zu den Aufgaben der Stabsstelle für Spielerschutz auch die Beratung bezüglich der Anbindung von Glücksspielautomaten an das Bundesrechenzentrum gehört. Dies dürfte wohl eher steuerlich relevante Gründe haben, als tatsächlich zum Bereich Spielerschutz zu gehören. Spielsuchtberatungsstellen kritisieren dabei, dass es an öffentlicher Unterstützungsleistung dieses Hilfesystems scheitert. Genauer gesagt gibt es keine Gelder dafür. Stattdessen wurde die Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet.

Finanzierungsbeitrag

Brisante Aussagen in Gerichtsprotokoll

Die seit Anfang 2014 verantwortliche Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz im Finanzministerium, Mag. Alice Schogger, war im Jahr 2017 vor dem Landesgericht Linz als Zeugin geladen. Das uns vorliegende Gerichtsprotokoll ihrer Aussage ist brisant.

Angesprochen auf eine Aussage bei einem anderen Gericht im Jahr 2015, sagt Schogger: „Ich habe damals gesagt, dass ich zur Entwicklung der Anzahl der Spielsüchtigen in Österreich nichts sagen kann. Dazu kann ich jetzt schon etwas sagen, weil es ja diese Kalke Studie gibt aus 2015.“

Dabei ist die Kalke-Studie nicht unumstritten. Das Finanzministerium referenziert auf diese Studie an vielen Stellen.

Schogger weiter: „Beauftragt wurde die Kalke-Studie meiner Erinnerung nach von einer Arbeitsgemeinschaft zur Prävention und Behandlung von Verhaltenssüchtigen. Finanziert wurde sie von den Österreichischen Lotterien meines Wissens. Ich habe die Kalke-Studie nicht hinterfragt. Ich kann nur sagen, dass ich aus den Verträgen für die Kalke-Studie von 2011 weiß, dass es dafür Vereinbarungen gegeben hat, dass die Österreichischen Lotterien keinen Einfluss nehmen dürfen. Meines Wissens nach ist auch der gleiche Vertrag für die Studie 2015 übernommen worden“.

Eine einzige Person in Stabsstelle tätig

Wie unwichtig Spielerschutz in Österreich behandelt wird, ist unserer Meinung nach bei näherer Betrachtung sichtbar. Die Stabsstelle für Spielerschutz besteht aus einer einzigen Person, nämlich der Leiterin selbst. Dies geht aus der Anfragebeantwortung hervor, aber auch auf Nachfrage beim Finanzministerium bestätigte ein Sprecher, dass die Stelle aus einer Vollzeitkraft besteht. Das Finanzministerium betonte bei der Anfragebeantwortung jedoch, dass „der Aufgabenbereich und die organisatorische Gesamtstruktur, nicht die Anzahl der ausschließlich darin handelnden Personen relevant seien.“, so ein Sprecher des Ministeriums.

Novomatic Stakeholder Forum

Als Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz ist Schogger auch regelmäßig bei diversen Veranstaltungen zu Gast. Hier auf einer Veranstaltung der Novomatic und Admiral im Jahr 2018. (2. von rechts, Foto: Screenshot isa-guide)

Überwachung der Glücksspielwerbungen eine der Aufgaben

Eines der Aufgabengebiete der Stabsstelle für Spielerschutz ist die Überprüfung, Freigabe und Kontrolle der Werbungen für Glücksspielangebote, die durch die Konzessionäre geschalten werden. Wie gut dieser Mechanismus funktioniert, darüber haben wir schon berichtet. Zu diesem Thema wurde die Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz vor Gericht konfrontiert. Die Werbungen der Konzessionäre stehen stark in Kritik, aus Sicht des Vereins Spielerhilfe dürften diese in dieser Form nicht zulässig sein. Die Kontrollfunktion hierfür legt bei der Stabsstelle für Spielerschutz. Vor Gericht sagte die Leiterin dieser Abteilung: „Ich genehmige nicht jeden Werbeartikel, dafür gibt es auch keine gesetzliche Grundlage. Ich bekomme die Werbekonzepte mit Exemplaren. Da bespreche ich fachlich, was aus meiner Sicht okay ist und was nicht.

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Wie sich Spielerschutz mit diesen Werbeanzeigen vereinbaren lässt, ist unklar. Das Anbieten von 1.000 Gratis-Spielen, Gratis-Lotto-Tips oder Aussagen wie „Vor Freude weinen?“ sollten als höchst bedenklich gesehen werden. Der Verein Spielerhilfe ist der Meinung, dass die Stabsstelle für Spielerschutz hier keine ausreichend konsequente Überprüfung der Werbungen vornimmt.

Das Finanzministerium verweist für die Werbebewilligungen im Glücksspielbericht 2017-2019 auf eine Studie des Anton-Proksch-Instituts als Orientierungshilfe, die außerdem als unverbindliche Rechtsansicht des Finanzministeriums gesehen wird. Dabei ist das Anton-Proksch-Institut ebenfalls eine Einrichtung, die in der Kritik steht Gelder aus dem Glücksspielbereich zu erhalten. Etwa die Novomatic-Tochter Admiral spendete 2016 – 2018 jeweils 60.000 Euro an das Institut.

Keine Angaben betreffend Anfragen Hilfesuchender

Die Stabsstelle für Spielerschutz ist weiters als Anlaufstelle für Hilfesuchende zu sehen. Auf Nachfrage beim Ministerium hüllt man sich in Schweigen, als wir wissen wollten wie viele Anfragen von Hilfesuchenden Glücksspielkunden jährlich dort eintreffen. Informationen zu Inhalt und Anzahl von Anfragen pro Jahr will man nicht in Zahlen beantworten. Stattdessen verweist das Ministerium auf die eigene Webseite, wo „zusätzliche Informationen zu Beratungs- und Hilfsangeboten abrufbar sind“ und fügt hinzu, dass Anfragen von „Hilfesuchenden Glücksspielern nur einen geringen Teil aller Anfragen ausmachen“.

Kritik an mangelhaftem Spielerschutz in Österreich

Der Verein Spielerhilfe nahm im September 2020 an einer Fachtagung der Glücksspiel-Industrie teil. Dort anwesend war auch Schogger.

Wir konfrontierten sie mit einer ernst gemeinten Frage:

„Sie sind seit 2014 Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz. Aus unserer Sicht gibt es bis heute keinen effektiv funktionierenden Spielerschutz in Österreich. Wie erklären Sie sich das?“

Die Antwort von Schogger: „Das ist wohl ihre subjektive Wahrnehmung“. Sie verweist außerdem auf die Ausführungen der Arbeiten ihrer Stabsstelle im Glücksspielbericht.

Dabei handelt es sich um keine subjektive Wahrnehmung des Vereins. Dies haben wir bereits mehrfach belegt. Sei es die seit 10 Jahren im Gesetz aufgenommene zentrale Sperrliste für Spielsüchtige, die nach über 10 Jahren noch immer nicht existiert, fehlende Spielerkarten bei den Casinos Austria oder keine Einzelfallprüfungen bei Spielsüchtigen. Dies sind nur drei Themen, doch es gibt noch viel mehr Kritikpunkte. Doch Kritik ist offensichtlich unerwünscht.

Verein Spielerhilfe nahm im September 2020 an der 13. Austrian Gaming & Betting Konferenz teil und konfrontierte Schogger mit seinen Fragen

„Kein Bedarf“ am Aufzeigen von Verstößen legaler Betreiber

Als Spielerschutz-Verein liegen dem Verein Spielerhilfe bereits viele belegte Verstöße im Bereich des Spielerschutz vor. Beispielsweise ein Spieler, der schon länger ein laufendes Insolvenzverfahren anhängig hat, durfte monatelang bei einem legalen Betreiber weiterspielen. Deshalb bot der Verein der Stabstelle Spielerschutz im Finanzministerium ein persönliches Vorstellen an, um diese konkreten Verstöße aufzuzeigen. Die Antwort der Stelle fiel ernüchternd aus: „… besteht aus derzeitiger Sicht kein Bedarf„, so die zuständige Mitarbeiterin.

Ein ernst gemeintes Interesse an einem funktionierenden Spielerschutz sieht unserer Meinung nach anders aus.

Die Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz im Finanzministerium, Schogger, haben wir mit den obenstehenden Themen konfrontiert. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels erhielten wir keine Stellungnahme.

Foto (Titelbild): Karl Allen Lugmayer / Shutterstock.com

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